Einsamkeit sei ein Gefühl, welches verschiedene Dimensionen und Ebenen habe, sagt Luca Hersberger (Chefarzt ambulante Dienste bei der Klinik SGM). «Eines der allerwichtigsten Grundbedürfnisse des Menschen ist Bindung: verbunden sein mit sich, mit anderen, mit dem Leben, mit Gott. In der Einsamkeit ist die Verbundenheit unterbrochen.»
Als zentrale Gründe für die Einsamkeit sieht Hersberger die gesellschaftliche Entwicklung und den Individualismus. Seit mehreren Jahrzehnten steigt die Anzahl der Single-Haushalte, im Berufsleben herrschen Flexibilität und Mobilität. Entsprechend fehlen zu einem gewissen Grad die Verbundenheit und Vernetzung mit anderen Menschen. Dieser Mangel lässt sich nicht durch soziale Medien ersetzen.
Es gäbe auch noch eine Form von Einsamkeit, bei der man sich allein fühlt, obwohl man von Menschen umgeben ist, erklärt Hersberger. Auch dort sei es so, dass man sich mit den physisch Anwesenden nicht verbunden und von ihnen gesehen und verstanden fühlt. «Man kann dann auf einer Herzensebene miteinander nicht in Beziehung sein.»
Einsamkeit kann die Wahrscheinlichkeit erhöhen, früher zu sterben. Der Chefarzt spricht in diesem Zusammenhang von einem Risikofaktor wie Rauchen oder Übergewicht. Der Mensch sei nun mal für Beziehungen geschaffen, diese Tatsache sei schon in der Bibel festgehalten.
Es lohnt sich, Beziehungen auf verschiedenen Ebenen zu pflegen. Allerdings ist dabei Geduld gefragt. «Beziehungen zu Menschen, zu Gott und zu sich selbst werden nicht kurz und schnell gelöst. Es braucht Mut und Zeit, um nächste Schritte zu gehen.»
